Bestatter-ABC: L wie Leichengift

Bild: Enrique Simonet - La autopsia, 1890, Sammlung im Museo del Prado

Sind Leichen giftig? Nein, Leichen sind natürlich nicht “giftig”. Ein “gesunder” Verstorbener ist so giftig, wie ein “gesundes” totes Huhn. Es gibt kein Leichengift. Es entstehen durch den Fäulnisprozess zwar Toxine als Abbauprodukte von Eiweißen (so genannte Alkaloide), ein Kontakt durch Berührung mit diesen Alkaloiden ist allerdings ungefährlich und eine schädliche Wirkung durch Hautkontakt oder Einatmung von “Leichengift” ist daher ausgeschlossen. Lediglich der Verzehr bzw. orale Schmierinfektionen oder Infektionen durch Schnittverletzungen können zu Erkrankungen führen, die allerdings nicht durch Leichengift, sondern durch Bakterientoxine, Alkaloide und mikrobielle Infektionen verursacht werden können.

Der Leichengift-Mythos
Dennoch gilt der Leichnam in vielen Kulturen sofort nach Eintritt des Todes als “unrein” und gefährlich. Im europäischen Raum ist die weltweit verbreitete Idee vom Leichengift vor allem durch zwei pseudo-wissenschaftliche Theorien des 18. Jh. bekräftigt worden:

Bestatter ABC: K wie Katafalk

Unter einem Katafalk versteht man ein Gestell für die Aufbahrung von Särgen. Den Begriff haben wir vom Italienischen „catafalco“ übernommen, was sich aus dem Lateinischen „catasta“=Gerüst und „fala=hohes Gerüst oder dem italienischen „palcobeziehungsweise dem althochdeutschen „palcho"=Balkon herleiten lässt. Ganz genau weiß man es nicht.

Auf einem Katafalk wird der Verstorbene im offenen oder geschlossenen Sarg aufgebahrt, ruht der Verstorbene auf dem Gestell auf einem Kissen mit Decke ähnlich wie einem Bett, war früher bei uns auch der Begriff „Schaubett“ oder „Paradebett“ geläufig. Das Paradebett war aber eher den höher gestellten Personen vorbehalten und prunkvoller gestaltet.

Bestatter-ABC: J wie Jüdischer Ritus

Menschen jüdischen Glaubens wenden sich in Tirol an uns "herkömmliche" Bestatter, denn ein jüdisches Bestattungsinstitut gibt es bei uns nicht, wir sind einfach für alle Religionen und Weltanschauungen zuständig und versuchen die Rituale und Feierlichkeiten den entsprechenden Vorschriften gemäß zu gestalten. Wie bei allen Religionsgemeinschaften heutzutage werden die Riten je nach handelnden Personen mehr oder weniger streng gehalten. Gerade auch bei jüdischen Familien ist gibt es große Unterschiede – je nachdem wie streng gläubig sie sind, gibt es die orthodoxen und die, die weniger streng leben.

Gleich wie beim muslimischen Ritus sollte ein jüdischer Verstorbener nach Möglichkeit binnen 24 Stunden erdbestattet werden, eine Feuerbestattung ist für Juden grundsätzlich nicht vorgesehen. Auch in diesem Fall ist das in der Praxis oft nicht so leicht umsetzbar, denn Bürokratie und vorschriftsmäßige Untersuchungen des Leichnams vor der Freigabe zur Bestattung sowie die Tatsache, dass es an Sonn- und Feiertagen keine Beisetzungen auf unseren Friedhöfen gibt, machen eine Beisetzung innerhalb dieser kurzen Frist oft einfach nicht möglich. Sehr wichtig ist, dass der Leichnam unversehrt und wirklich „zur Gänze“ beigesetzt wird. Nach einem besonders schweren Unfall etwa, ist es wichtig, dass jeder kleinste Partikel des Körpers gefunden und dem Leichnam beigelegt wird. Aus diesem Grund ist für Juden eine Obduktion auch schwierig hinzunehmen, nach Möglichkeit sollte gar keine stattfinden, denn schon der Verlust von Blut ist problematisch. Die Entscheidung, ob es eine Obduktion gibt oder nicht, können Angehörige oder religiöse Oberhäupter aber grundsätzlich nicht treffen, das obliegt den Behörden (Gesundheitsamt, Staatsanwaltschaft) bzw. der Klinikleitung.

Ist der Tod vorhersehbar, soll sich der Sterbende auf seinen Tod vorbereiten. Dabei wird im Kreis der Familie gebetet, die Nachkommen werden gesegnet und die Beichte - das "Vidui“ findet statt. Nach Eintritt des Todes werden Kerzen entzündet und ähnlich wie in unseren christlichen alten Totengebräuchen wird ein Fenster geöffnet, dass die Seele ihren Weg finden kann.

Sterbende und Verstorbene sollten gemäß jüdischer Tradition nicht alleine gelassen werden. Es findet eine Wache statt ...

Bestatter ABC - I wie Intrusion

Ein junger Mann wurde von Krampussen überfallen und verprügelt. Noch Jahre später vermeidet er es, auf Almen zu wandern, denn sobald eine Kuhglocke ertönt, erlebt er den Krampus-Überfall von damals wieder als würde es noch einmal geschehen.

Von einer Intrusion spricht man, wenn Betroffene nach einem traumatischen Ereignis von Erinnerungen daran eingeholt werden. Intrusionen oder Flashbacks werden von Trigger-Reizen (Gerüche, Geräusche etc.), die an das Trauma erinnern, ausgelöst und führen zu einem unkontrollierten Wiedererleben des Traumas. Intrusionen unterscheiden sich von normalen Erinnerungen, indem Betroffene davon überrollt werden, das Wiedererleben kaum oder gar nicht kontrollieren, steuern oder stoppen können und das Trauma noch einmal erleben als würde es sich im Hier und Jetzt wiederholen. 

Wie ist das möglich?

Bestatter ABC - H wie Hausaufbahrung

Bevor sich das Sterben in Krankenhäuser, Altersheime und Hospize verlagert hatte und es auch noch kein Bestattungswesen gab, war es üblich, dass der Leichnam bis zur Beisetzung zuhause blieb. Aus diesem Grund fanden Beisetzungen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein oft schon binnen 24 Stunden statt, besonders in der warmen Jahreszeit war dies sogar geboten. Der Tischler hatte einige Särge vorbereitet und für den Fall, dass man auf die Fertigstellung des Sarges warten musste, legte man den Verstorbenen auf ein Totenbrett ins Bett oder auf Sterbestroh neben das Bett, um eine Verunreinigung des Bettes durch Ausscheidungen und Fäulnisflüssigkeit zu verhindern. Im Trauerhaus fanden die Gebete für den Verstorbenen statt, der Pfarrer kam zur Aussegnung und dann begleitete die Trauergemeinde den Sarg vom Trauerhaus direkt zum Grab, wo die Segnung des Grabes und die Beisetzung stattfanden. Der Gottesdienst für den Verstorbenen wurde ursprünglich erst anschließend an das Begräbnis gefeiert. Dass der Sarg mit dem Verstorbenen beim Gottesdienst in der Kirche steht und die Beisetzung erst im Anschluss daran erfolgt, ist eine historisch recht junge Entwicklung.

Im 19. Jahrhundert erforderten neue Hygienevorschriften die Planung von Leichenhallen bei den städtischen Friedhöfen, wo die Verstorbenen fortan bis zu ihrer Beisetzung aufbewahrt wurden.

Bestatter-ABC: G wie Grab versus Gruft

 
Unter einem Grab wird in der Regel ein Erdgrab verstanden. Verstorbene werden auf unseren Friedhöfen in maximal drei Tiefen beerdigt - in ca. 180cm, 220cm oder 260cm Tiefe. Das heißt, es können in einem Grab meist zwei bis drei Verstorbene übereinander begraben werden. Wie viele Tiefen pro Grab möglich sind, hängt von der Bodenbeschaffenheit des jeweiligen Friedhofsbereichs ab. Der Leichnam bleibt dann für die dort vorgesehene Mindestruhezeit beerdigt. Die Mindestruhezeit ist die für den jeweiligen Friedhof geschätzte Zeit, die es braucht, bis der Körper soweit verwest ist, dass nur noch einzelne Gebeine übrig sind. Auf den meisten unserer Tiroler Friedhöfe beträgt die Mindestruhezeit 10 Jahre. Es gibt aber auch Friedhöfe, deren Böden sehr lehmig sind, Verwesung erfolgt dort derart suboptimal, dass eine Mindestruhezeit von 30 Jahren oder mehr vorgeschrieben ist.
 

Abschied mit Hund

Gerne laden wir Familien ein, ihre Haustiere zum Abschied am offenen Sarg mitzubringen. Haustiere sind Familienmitglieder und als solche ist es für uns selbstverständlich, auch ihnen eine Chance zu geben, sich zu verabschieden. Jetzt ist es nicht so, dass Angehörige mit ihren Hamsterkäfigen und Goldfisch-Gläsern unterm Arm bei uns anrücken, auch Katzen hatten wir noch nie bei uns zu Besuch (außer den rot getigerten Kater, der lange Zeit bei uns herumstreunte, aber das ist eine andere Geschichte). Hunde haben wir hingegen häufig bei uns zu Gast. Dass Menschen einen Abschied von ihren Verstorbenen brauchen, um den Tod realisieren und den Trauerprozess in Gang setzen zu können, das ist mittlerweile psychologisch gut belegt. Aber Hunde? Brauchen Hunde den Abschied auch und können Hunde überhaupt trauern?

Bestatter ABC – F wie Fadenwatte

Verwesung beginnt im Verdauungstrakt des Menschen. Da, wo von Anfang an Enzyme am Werk sind, die Nahrung aufzuspalten, da, wo Bakterien dafür sorgen, dass Eiweiße faulen und Kohlenhydrate gären. Das heißt, im Magen und Darm beginnt das Gären und Faulen und damit die Autolyse – die Selbstverdauung des Körpers. Dabei entsteht zunächst einmal nur ein Blähungsgeruch. Diese Gase treten aus dem Anus aus, vor allem, wenn man den Leichnam beim Umlagern oder Ankleiden bewegt. Mit der Zeit würde sich dieser Geruch verstärken und es würde die sich bildende Fäulnisflüssigkeit austreten – aus Anus, Mund und Nase. Spätestens dann riecht der Leichnam nicht erst, wenn man ihn bewegt. Aber es gibt einen einfachen Trick...

Gemeinschaftliche Beisetzung 2023 mit Geistertango

Am 31. März fanden die Urnen von 12 Menschen in unserem Gemeinschaftsgrab auf dem Wiltener Friedhof ihre letzte Ruhestätte. Dieses Jahr gestaltete die 3B-Klasse der Praxisvolksschule Wilten mit Lehrer Michael Kunzer im Rahmen des Ethikunterrichtes zuerst die Urnenkartons und dann auch die Trauerfeier für diese Verstorbenen. Als ich die Urnen eine Woche vor dem Beisetzungstermin in der Schule abholte, meinte ein Mädchen spontan: "Da müssten wir eigentlich auch den Geistertango tanzen." Der erste Impuls von Lehrer Michael und mir war, dass ein Geistertango wohl nicht passend wäre bei einer Trauerfeier. Aber die Idee des Mädchens ließ mich nicht los und noch am selben Abend entschied ich: Der Tango muss getanzt werden ...

Die I. Neumair Bestattung und mehr GmbH ist Ihr Tiroler Ansprechpartner für traditionelle Bestattungen und moderne Verstorbenenversorgung (Thanatopraxie), Trauerfeier- lichkeiten, Trauerbegleitung und Seminare mit Sitz in Innsbruck.

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