Der Gärtner beißt ins Gras, der Koch gibt den Löffel ab, den Elektriker trifft der Schlag, der Pfarrer segnet das Zeitliche, der Schaffner liegt in den letzten Zügen, der Beamte entschläft sanft, der Religiöse muss dran glauben, der Zahnarzt hinterlässt eine schmerzliche Lücke, der Fechter springt über die Klinge, die Putzfrau kehrt nie wieder, der Anwalt steht vor dem Jüngsten Gericht, der KFZ-Mechaniker kommt unter die Räder, der Gynäkologe scheidet dahin, der Rabbi geht über den Jordan, der Optiker schließt für immer die Augen, der Tenor hört die Englein singen, der Tischler zieht den Holzfrack an...
Als Kind wurde mir ernster Miene mitgeteilt: „Heut in der Nacht ist der alte Ferdl eingeschlafen.“ Ein paar Tage später – als sich die Erwachsenen vom ersten Schrecken erholt hatten – wurden sie etwas salopper, denn im Gespräch hieß es dann: „Zwei Wochen ist es her, dass der Ferdl-Onkel seinen letzten Schnaufer getan hat.“ Und nach einem Jahr oder vielleicht war es länger, sagte meine Oma scherzhaft zu mir: „Ja mei, früher oder später schaun wir alle die Radieschen von unten an.“ Ich stellte mir dann vor, wie das ist, wenn man da liegt und die Radieschen zwar sieht, sie aber nicht essen kann. Tot sein muss sehr langweilig sein, dachte ich mir damals. Das war vor über vierzig Jahren. Nie wurde gesagt, dass der Ferdl “gestorben” oder “tot” ist. In der Zeitung stand dann: „Ein gutes Herz hat aufgehört zu schlagen“ oder so ähnlich. Und wenn wir die Sprüche und die Texte der Todesanzeigen lesen, dann werden eindeutige Begriffe immer noch vermieden und über die Todesart und -ursache breitet man auch heute gerne einen Schleier. Nur Insider wissen zwischen den Zeilen zu lesen und können Vermutungen anstellen, ob es nun ein Unfall, ein Suizid oder aber eine Erkrankung war.
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