Bestatter-ABC: M wie Mumifizierung

Foto/Pernlochner: Mumifizierte Katzen im Louvre in Paris

Manchmal erreichen mich sehr originelle Anfragen. Ein Kater war gestorben und die Besitzerin schrieb mir, sie wolle ihren Kater konservieren und ob ich ihr dabei helfen könne. Ich empfahl ihr einen Tierpräparator. Allerdings hatte ich ihre Frage falsch verstanden, denn die Dame schrieb mir folgende Nachricht: "Ich werde meinen Kater mumifizieren. Als ich erfuhr, du interessiertest dich für Mumien, habe ich erhofft, du hättest eventuell ägyptisches Wissen, jedenfalls mehr Wissen über Leichname als ich." Ich musste die Katzenbesitzerin leider enttäuschen, denn mein Wissen über die alten Techniken der Mumifizierung war leider nur theoretischer Natur. Als ich einige Tage später nachfragte, wie es denn dem Kater "gehe", bekam ich folgende Antwort: "Er hat sich der Konservierung durch ein flammendes Seebegräbnis am Inn entzogen. Liebe Grüße!"

Eine mutige Aktion und außerdem illegal. Ich fragte also nicht weiter nach, wie und wo genau am Inn das "flammende Seebegräbnis" in die Tat umgesetzt wurde. Aber diese Geschichte ist so gut, dass sie erzählt werden muss. Außerdem ist sie ein guter Auftakt für das Thema "Konservierung". Die meisten Menschen verwechseln nämlich die Einbalsamierung der alten Ägypter, die eigentlich eine Mumifizierung ist, mit der Technik der Einbalsamierung von heute.

Grundsätzlich gibt es natürliche und künstliche Möglichkeiten der Konservierung von Verstorbenen. Natürliche Konservierung geschieht ohne Eingriff des Menschen, zum Beispiel durch Bodentrockenheit, durch Trockenheit und Luftzug in Räumen, durch Permafrost oder dadurch, dass der Leichnam luftdicht im lehmigen Boden oder im Moor eingeschlossen ist. Dort herrschen jeweils Bedingungen, unter denen Mikroorganismen (Fäulnisbakterien, Schimmel- und Hefepilze) absterben, aber auch Autolyse (die Selbstverdauung des Körpers), Insektenbefall, Quellung oder Enzymreaktionen unterbunden werden. Verwesung und Fäulnis werden so gestoppt und der Leichnam bleibt erhalten. Die alten Ägypter erkannten, dass zunächst die inneren Organe des Körpers  entnommen und die Körperhöhlen gereinigt  werden mussten, um Verwesung zu verzögern, denn Verwesung beginnt ausgehend von Darm und Magen im Körperinneren. Der ausgenommene Leichnam wurde dann mit ätherischen Ölen, Kräutern, Harzen und Balsamen behandelt und siebzig Tage in Natron, also in Salz gelegt, um ihm die Flüssigkeit zu entziehen - wie bei Trockenfleisch und Stockfisch. Die Ägypter waren für ihre Zeit meisterlich im Konservieren, aber es fand keine Einbalsamierung statt, wie wir sie heute verstehen, sondern eine "Mumifizierung" – eine Austrocknung des Körpers.

Wenn wir heute von Einbalsamierung sprechen, dann hat das wenig mit den Techniken der alten Ägypter zu tun und geht auch viel schneller. Beim sogenannten "Modern Embalming" wird eine Arterie am Bein, am Arm oder am Hals durch einen kleinen Schnitt geöffnet. Mittels einer Kanüle, die an eine elektrische Pumpe angeschlossen ist, werden etwa sechs Liter Konservierungsflüssigkeit in das arterielle System gepumpt. Die Mischung ist eine wässrige Mischung bestehend aus Alkohol, Formaldehyd und Glyzerin. Durch die Zellwände verbreitet sich die Flüssigkeit im ganzen Körper. Mithilfe eines Trokars  - einer Art hohlen Harpune, die an eine Absaugvorrichtung angeschlossen wird - wird unterhalb des Brustbeines in die rechte Herzkammer gestochen und von dort aus das sich zurückstauende Blut abgezogen. Die Organe bleiben im Körper, werden aber auch mit Formalinlösung behandelt, indem man in den Bauchraum einsticht und die Organe und Körperhöhlen mit der Konservierungsflüssigkeit versorgt. Bis der Zerfallsprozess einsetzt, dauert es etwa drei bis maximal sechs Wochen.

Anatomische Präparate – Leichen oder Leichenteile für Sezierkurse im Medizinstudium – werden für einen längeren Zeitraum konserviert, man spricht hier auch von "Fixierung". Es wird eine größere Dosis Formalin beziehungsweise Formaldehyd gewählt und auf Zusätze verzichtet, die das Gewebe weich und hydriert halten. Dadurch hält sich der Verstorbene zwar länger, bekommt aber eine Konsistenz ähnlich einer Gummipuppe. Er verliert das Menschliche und wird zum "Präparat" für wissenschaftliche Zwecke. Wer sich für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellen möchte, muss dies übrigens zu Lebzeiten vertraglich mit dem anatomischen Institut einer Universität festlegen. Angehörige können einen Leichnam ohne einen derartigen Vertrag nicht so ohne weiteres der Wissenschaft zuführen.

Quelle: Pernlochner-Kügler: Du stirbst nur einmal, leben kannst du jeden Tag. Goldegg-Verlag, Berlin, Wien 2021. S. 137ff.

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