Bestatter ABC - H wie Hausaufbahrung

Bevor sich das Sterben in Krankenhäuser, Altersheime und Hospize verlagert hatte und es auch noch kein Bestattungswesen gab, war es üblich, dass der Leichnam bis zur Beisetzung zuhause blieb. Aus diesem Grund fanden Beisetzungen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein oft schon binnen 24 Stunden statt, besonders in der warmen Jahreszeit war dies sogar geboten. Der Tischler hatte einige Särge vorbereitet und für den Fall, dass man auf die Fertigstellung des Sarges warten musste, legte man den Verstorbenen auf ein Totenbrett ins Bett oder auf Sterbestroh neben das Bett, um eine Verunreinigung des Bettes durch Ausscheidungen und Fäulnisflüssigkeit zu verhindern. Im Trauerhaus fanden die Gebete für den Verstorbenen statt, der Pfarrer kam zur Aussegnung und dann begleitete die Trauergemeinde den Sarg vom Trauerhaus direkt zum Grab, wo die Segnung des Grabes und die Beisetzung stattfanden. Der Gottesdienst für den Verstorbenen wurde ursprünglich erst anschließend an das Begräbnis gefeiert. Dass der Sarg mit dem Verstorbenen beim Gottesdienst in der Kirche steht und die Beisetzung erst im Anschluss daran erfolgt, ist eine historisch recht junge Entwicklung.

Im 19. Jahrhundert erforderten neue Hygienevorschriften die Planung von Leichenhallen bei den städtischen Friedhöfen, wo die Verstorbenen fortan bis zu ihrer Beisetzung aufbewahrt wurden.

Die Einrichtung solcher Leichenhallen oder Aufbahrungsstätten kam auch der damals weit verbreiteten Angst vor dem Scheintod entgegen, denn die Beisetzung konnte jetzt zeitlich auch etwas später stattfinden. In der Regel erfolgte sie nun erst am dritten Tag. Bis dahin überwachten Friedhofswärter die Toten, um den Scheintod auszuschließen und es wurden teils aufwändige Konstruktionen geschaffen, bei welchen Schnüre an den Toten befestigt wurden, welche eine Glocke erklingen ließen, sobald ein Toter sich bewegen sollte. In den Städten entwickelte sich nun auch eine neue Berufsgruppe – die Leichenbestattungsunternehmen. Sie kamen nachdem der Stadtphysikus anhand der mittlerweile bekannten „sicheren Todeszeichen“ den sicheren Tod festgestellt hat zum Einsatz und waren für das Einsargen der Verstorbenen, die Überführung in die Leichenhalle und die Beisetzung zuständig. Diese neue Branche entwickelte sich oft aus Transport- und Fuhrwerksunternehmen oder Tischlereien heraus. Am Land etablierten sich Aufbahrungskapellen und Bestattungsunternehmen erst später, teilweise erst in den 1950er Jahren. Bis dahin blieben die Verstorbenen in den ländlichen Regionen zuhause.

Grundsätzlich soll aus hygienischen Gründen auch auf dem Land die Aufbahrung in der Friedhofskapelle einer Hausaufbahrung vorgezogen werden. Aber auch heute noch sind Hausaufbahrungen in Tirol nicht verboten, sie müssen aber vom Bürgermeister bzw. vom für die Totenbeschau zuständigen Arzt genehmigt werden. Für Hausaufbahrungen in Tirol gilt: „Vor einer Hausaufbahrung ist die hygienische Unbedenklichkeit durch den Sprengelarzt/Totenbeschauarzt festzustellen und kann die Hausaufbahrung genehmigt werden bzw. ist diese bei infektiösen Leichen sowie Leichen mit Fäulnisveränderungen oder wenn dies der äußere Zustand der Leiche aus anderen Gründen (z. B. entstellende Verletzungen) nicht zulässt, zu untersagen. Für die Vornahme einer Hausaufbahrung ist ein ausreichend großer und entsprechend ausgestatteter Raum erforderlich. Dieser soll eine solche Größe und Zugänglichkeit aufweisen, dass der An- und Abtransport der Leiche ohne Probleme möglich ist. Der Raum muss zumindest im Fußbodenbereich einer Scheuerdesinfektion zugänglich sein und über eine entsprechende natürliche oder künstliche Belüftung verfügen. Der Raum soll kühl sein, wenig Sonneneinstrahlung aufweisen und bei natürlicher Belüftung über Insektengitter verfügen. Zurückhaltung bei der Hausaufbahrung ist in den besonders warmen Sommermonaten, wenn keine Raumkühlung möglich ist und in Häusern mit Lebensmittel erzeugenden oder -verarbeitenden Betrieben geboten.“ (Auszug aus dem Merkblatt für die Gemeinden Tirols, Abteilung Landessanitätsdirektion Zahl Vc-5501/223 vom 18. April 2008)

Eine Hausaufbahrung hat Vor- und Nachteile. Sie kann ein schönes Ritual für die Familie sein, weil der Verstorbene noch einige Zeit zu Hause bleibt und man bewusster und intensiver Abschied nehmen kann. Sie kann aber auch als belastend empfunden werden, weil permanent Trauergäste ein- und ausgehen und man sich gleichzeitig um die Planung der Trauerfeierlichkeiten kümmern muss. Das bedeutet dann enormen Stress für die Trauerfamilie. Für die meisten Menschen erübrigt sich diese Entscheidung heutzutage jedoch: Wer in einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus wohnt, wird keine Genehmigung für eine Hausaufbahrung bekommen, da die Wohnverhältnisse meist zu beengt sind und man die Wohnung mit einem sperrigen Sarg gar nicht erreicht. Daher werden Verstorbenen mit einer wendigen Transporttrage von uns Bestattern abgeholt und wir ermöglichen einen Abschied am offenen Sarg in den Räumlichkeiten unseres Bestattungsunternehmens, wo sich die Familie und die Freunde zu einem bestimmten Termin einfinden können, um sich im ruhigen Rahmen persönlich zu verabschieden.

Christine Pernlochner-Kügler

Die I. Neumair Bestattung und mehr GmbH ist Ihr Tiroler Ansprechpartner für traditionelle Bestattungen und moderne Verstorbenenversorgung (Thanatopraxie), Trauerfeier- lichkeiten, Trauerbegleitung und Seminare mit Sitz in Innsbruck.

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