Bomben unterm Christbaum (Versuch eines Weihnachtsbriefes)

Letztes Jahr um diese Zeit habe ich meine Verwandten, Freundinnen und Freunde für Weihnachten und Silvester auf das Jahr 2021/22 vertröstet - "wenn die Pandemie vorbei ist". Nichts ist vorbei: Die Zahlen der Statistikbehörde Eurostat ergaben für das Jahr 2020  eine Übersterblichkeit von 11% im Vergleich zu den Vorjahren. Das erste Pandemiejahr führte zur höchsten Sterberate in der EU seit Beginn der Aufzeichnungen 1961. Über 11.000 Menschen starben im Zusammenhang mit Covid19. Heute ist der 14. Dezember 2021 und wir beklagen weltweit über 5 Millionen Sterbefälle im Zusammenhang mit Covid19. In Österreich sind es mittlerweille 13.282 und der Winter ist noch lange nicht vorbei.

Eine Behauptung am Beginn der Pandemie war, dass sie uns zu besseren Menschen machen würde, weil wir lernen würden, entschleunigter und bewusster zu leben und uns auf das Wesentliche zu beschränken, weil wir erfahren haben, was wir alles – außer Klopapier und Nudeln – nicht brauchen. Nichts davon habe ich geglaubt, nichts davon ist eingetroffen. Menschen ändern sich nicht so schnell. Kaum war die 1. Welle vorbei, ging es nach kurzem Zögern weiter wie zuvor: Die Straßen waren voller Autos, die Hektik kehrte zurück und im Sommer wurde gefeiert, als gäbe es kein Morgen: Die Angst vor dem Herbst war unterschwellig da und alle Hochzeiten, Taufen und Begräbnisse wollten in dieser "sicheren Zeit" gequetscht werden. Genau dieses wahnhafte Abfeiern bescherte uns wieder steigende Infektionszahlen und damit die 2. Welle im Herbst 2020. Der Sommer war eine Art Totentanz 2.0 gefolgt von einem Lockdown und einer „Weihnachtsruhe“, wie es die Regierenden netterweise nannten. Gefeiert wurde also im allerengsten Kreis. Im März dann mein 50. Geburtstag. Als hätte ich es im Urin gehabt, hab ich das große Fest gar nicht erst geplant, denn mehr als 5 Personen durften gar nicht mit mir feiern. Es war okay für mich. Ich bin zwar eine Knalltüte, aber eine mit Verantwortungsgefühl und Respekt vor diesem Virus und seinen möglichen Folgen.

Viel Angst führt auch zu viel Verdrängung oder Verleugnung. Das ist menschlich, daran ändert auch Corona nichts. Im Gegenteil. Aus diesem Grund und weil wir aus Fehlern eben nicht so einfach klug werden, wie wir gerne behaupten, wurden heuer im Sommer wohl auch die Fehler des Vorjahres wiederholt. Ex-Kanzler Kurz erklärte die Pandemie gar für beendet und die Regierung schlug alle Warnungen von Experten einfach in den Wind, denn es gab ja jetzt die Impfung - den "Game-Changer"!  Stimmt grundsätzlich, nur nützt die bekanntlich nix, wenn sie nicht entsprechend angenommen wird. So gut das Impfangebot anfangs auch angenommen wurde, so schnell stagnierte die Impfquote im Sommer auch wieder und tümpelte bei 60% vor sich hin. Die Regierenden reagierten darauf trotz Expertenwarnungen kaum. Auf gut tirolerisch würde man sagen: "Man hat auf die Leut' eing‘redt wie auf a kranke Kuah!", sprich: Man bat weiter höflich, sich doch bitte impfen zu lassen. Eine zielführende Impfkampagne zu entwickeln und rechtzeitig die Rute ins Fenster zu stellen, darauf kam man dann erst als es bereits viel zu spät war. Und dann tat die Regierung wieder einmal etwas, was sich noch nie bewährt hatte, was sie aber inzwischen so gut geübt hat: Sie hat - als sich die Notbremse nicht mehr vermeiden ließ - wieder mal ihre leeren Versprechungen gebrochen: Die Impfpflicht und ein weiterer Lockdown (Nr.4) waren plötzlich entschieden. Und als wären die Gräben, die sich durch Familien, Freundschaften und auch Unternehmen ziehen nicht schon tief genug, wurden damit noch tiefere gegraben. Verschiedene Gruppierungen "werfen sich auf a Packl", demonstrieren gemeinsam und lassen sich radikalisieren. Es ist beängstigend.

Und als ob das alles nicht völlig ausreichend wäre, kommt – Überraschung! - aus Südafrika wieder eine neue Mutation daher… Wie viele Buchstaben des griechischen Alphabets haben wir eigentlich überhaupt noch zur Verfügung? Omikron ist natürlich viel superansteckender als alles vorher und wahrscheinlich hilft die Impfung nicht mehr so gut ... Na, bravo! Nicht nur die österreichische Regierung agiert seit Ausbruch von Corona planlos und kleingeistig, nein, jeder einzelne Staat wähnt sich als Insel und kocht sein ureigenes Süppchen. Der Blick über den Tellerrand endet bei jenen Ländern, die zum Urlauben taugen. Blöd ist nur: Eine Pandemie ist halt ein Problem der ganzen Welt. Und das hieße eigentlich, dass man entsprechend auch der ganzen Welt Impfstoff zur Verfügung stellen müsste. Man kann das sogar wirtschaftlich ganz egoistisch argumentieren: Wenn wir Corona in unseren reichen Ländern in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir halt auch den armen Ländern Impfstoff zukommen lassen - "koste es, was es wolle", denn sonst fliegen uns weiterhin die Mutationen um die Ohren, wurscht wie oft und viel wir weiterimpfen. 

Was mache ich also heuer an Weihnachten und Silvester? The same procedure as last year? Oder doch einfach mit der Familie und den noch übrig gebliebenen Freundinnen und Freunden zusammen feiern? Die Pandemie hat uns viel genommen, was für uns Menschen essenziell ist und hat uns damit gezeigt, wie wichtig menschliche Nähe und Rituale sind. Wenn wir vielleicht etwas aus dieser Krise gelernt haben, dann, all das mehr zu schätzen. Im Moment liegt aber leider in fast jeder Familie und in jeder Gruppe von Menschen, die vorher gut miteinander gekonnt hat, eine Bombe unterm Christbaum. Wie man mit dieser heiklen Situation umgeht, darüber sind grad Fachbücher veröffentlicht worden, die ganz hilfreich sind, ein Patentrezept liefern sie natürlich trotzdem nicht. Ich für meinen Teil habe mich um des lieben Weihnachtsfriedens willen für eine „Kampfpause“ entschieden, - sei es, indem ich bestimmte Menschen einfach nicht treffe oder zumindest das Thema Corona außen vor lasse. Ob das der richtige Weg ist, weiß ich nicht, aber so eine Bombe unterm Weihnachtsbaum ist mir einfach zu brenzlig. Einziger Trost: Irgendwann ist auch diese Pandemie einmal vorbei. Wenn nicht im nächsten, dann vielleicht im übernächsten .... 

In diesem Sinn wünsche ich euch allen ein möglichst friedliches Weihnachten, (macht es euch so gut und schön wie möglich) und ein besseres Jahr 2022. Und vielleicht klappts ja im neuen Jahr mit dem Lernen aus den Fehlern… Träumen wird man ja wohl noch dürfen!

Alles Liebe euch allen

Christine Pernlochner

Foto: Markus Spiske www.unsplash.com

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