Und auf einmal war alles ganz anders und wie im schlechten Film. So geht es Angehörigen oft, wenn sie plötzlich einen geliebten Menschen verlieren und so geht es uns als Bestatter*innen hinsichtlich dessen, was wir derzeit erleben müssen. Wir haben viel gesehen, wir haben zu unserem eigenen Schutz gelernt, die schlimmen Schicksale der Angehörigen nicht allzu nah an uns heran zu lassen, einfach um arbeitsfähig und selbst gesund zu bleiben. Aber im Moment ist das schwer, denn unsere Arbeit hat sich komplett geändert. Der Kundenkontakt erfolgt hauptsächlich per Mail oder telefonsich, kommen Angehörige zu uns, ist dieser Besuch so kurz wie möglich - etwa um die Kleidung des Verstorbenen abzugeben - und auf Distanz. Seit neustem tragen wir auch im Büro Mundschutz, ein Ding, das uns verhüllt, die Mimik unsichtbar macht und die Distanz noch größer wirken lässt. Im Umgang mit Verstorbenen haben wir immer schon zumindest Handschuhe getragen, bei der Versorgung tragen wir auch Schürzen. Wenn wir wussten, ein Leichnam ist infektiös, dann waren wir besonders vorsichtig, aber derzeit ist es so ...
dass wir nie sicher sein können, ob ein Verstorbener nicht doch auch Virusträger ist. Mit dem heutigem Tag (9.4.2020) sind es 53 Menschen, die in Tirol infolge von COVID-19 verstorben sind und auch wir haben einige davon abgeholt. Wir arbeiten in Schutzkleidung, wie man sie aus dem Film kennt und wir haben - wie derzeit alle Berufsgruppen, die an vorderster Front arbeiten - viel zu wenig davon. Wir müssen sparen und tricksen, dass wir mit dem, was erhältlich ist, durchkommen und das ist es vor allem, was uns erstmals in unserem Beruf Unbehagen, um nicht zu sagen "Angst" im Umgang mit Verstorbenen und Angehörigen macht - jeder ist potenziell gefährlich. Die Atmosphäre ist momentan sehr speziell und ungewohnt. Jan Hetfleich hat es sich zur Aufgabe gemacht, unseren Alltag in der Coronakrise fotografisch zu dokumentieren und begleitet uns derzeit immer wieder einmal während unserer Arbeit. Er ist Pressefotograf, möchte aber unseren Alltag im Ausnahmezustand auch für historischen Zwecke festhalten. Diese Einblicke gewähren wir ihm gern, wenn Angehörige auch einverstanden sind.